Wasser (-gewinnung und -aufbereitung)

Wasser ist ein absolutes Grundbedürfnis für den Menschen.
Wie mit vielen Dingen in unserem heutigen Leben, gehen wir zu Hause oft viel zu sorglos mit dem Element Wasser um. Schließlich brauchen wir ja nur den Wasserhahn aufzudrehen und schon ist der Becher voll…….

Im vergangenen Sommer (2003) hatten wir eine lange Hitzephase. Viele kleinere Bäche trockneten völlig aus.
Und beim Survival ist Wasser besonders (lebens-)wichtig. So kann ich die Sonne, die den Bach hat austrocknen lassen, ausnutzen, um z.B. mit mehreren Pflanzenbeuteln Wasser zu gewinnen.
Dass der Mensch Wasser zum Leben benötigt, weiß wohl jeder. Hinsichtlich der Menge kommt es natürlich auf viel innere und äußere Umstände an: Körperliches Wohlbefinden, Krankheit, Außentemperatur, körperliche Leistung usw.
Also müssen wir zusehen, dass wir unserem Körper genügend Flüssigkeit zur Verfügung stellen.

Einfach erscheint es, aus fließenden oder stehenden Gewässern Wasser entnehmen zu können. Grundsätzlich ist das auch kein Problem. Nur muß ich einige Dinge dabei beachten. Und diese sollten auch in dieser Reihenfolge durchgeführt werden:

  • Sensorische Prüfung des Wassers mit Nase und Auge. Stinkt das Wasser oder schwimmt vielleicht ein Ölfilm darauf, so kann ich das Wasser so ohne weiteres nicht trinken. Ich sollte mich dabei auf meinen gesunden Menschenverstand und auf mein angeborenes (manchmal jedoch leider nicht mehr bewusst vorhandenes) Gefühl verlassen.
  • Den Bachlauf bei einem Fließgewässer mindestens 200 Meter nach oben abgehen und schauen, ob Tierkadaver o.ä. im Wasser liegt.
  • An meiner Entnahmestelle einige Steine aus dem Wasser entnehmen und die Oberfläche mit den Fingern abtasten bzw. erfühlen. Ist die Oberfläche schön rau, so ist das ein Indiz dafür, dass keine größere organische Belastung z.B. durch Algen im Wasser vorhanden ist. Ist die Oberfläche hingegen mit einem glitschigen Belag überzogen, so befindet sich eine organische Belastung durch Algen im Wasser. Dies kann ein Indiz für zu wenig Sauerstoff im Wasser sein, was bis zum sogenannten „Umkippen“ des Gewässers führen kann.
  • Außerdem kann ich versuchen sog. Zeigerorganismen im Wasser zu finden. So zeigt mir der Bachflohkrebs und die Köcherfliegenlarve an, dass das Wasser eine Wasserqualität von 1-1,5 an. Dies ist ein Indiz dafür, dass das Wasser chemisch vermutlich nicht belastet ist.

Wenn ich all dies gemacht habe und der Meinung bin, dass das Wasser bis zu diesem Punkt o.k. ist, entnehme ich Wasser und koche dieses noch mindestens 10 Minuten lang ab. Und selbst dabei kann ich mir nicht 100%ig sicher sein, dass ich alle Krankheitserreger abgetötet habe. Zusätzlich kann ich noch mit Chemie arbeiten: Micropur® sei hier als Beispiel genannt. Es handelt sich um ein Mittel, welches flüssig oder in Tablettenform angeboten wird und auf Silberionenbasis wirkt. Es tötet eine Vielzahl von Krankheitserregern ab und konserviert Trinkwasser bis zu einem halben Jahr. Natürlich gibt es noch andere Mittel, die auf anderen Grundlagen wirken, z.B. durch Chlor usw.
Teilweise sind sie auch für unterschiedliche Ansprüche konzipiert. Informiert Euch ausgiebig darüber.
Ein solches Mittel gehört in jedem Fall in den Überlebensgürtel – keine Frage!
Wo wir gerade beim Ü-Gürtel sind. Da war ja noch unser „Wundermittel“ Kaliumpermanganat (KMnO4). Auch damit können wir im Bereich Wasser arbeiten. Es dient als Indikator für organische Belastungen und im absoluten Notfall auch als Mittel zur Wasseraufbereitung. Näher möchte ich es an dieser Stelle nicht beschreiben. KMnO4 ist grundsätzlich gesundheitsschädlich. In unseren Kursen gehe ich genauer auf diese Methoden ein. Man sollte diese Techniken jedoch gesehen und ausprobiert haben, damit man gesundheitliche Schäden vermeidet. KMnO4 ist eine nicht ungefährliche Chemikalie! Beim Umgang damit ist daher besondere Vorsicht geboten!

Um Wasser trinken zu können, muss ich versuchen es von Verschmutzungen zu reinigen.
Sichtbare Verschmutzungen, wie Eintrübungen durch Schwebestoffe kann ich z.B. mit einem „Filter“ versuchen zu reinigen.
Ich grabe vom Ufer ca. 0,5 – 1 Meter entfernt ein Loch. Das dort einströmende Wasser ist bereits durch das Erdreich vorgefiltert.
Wenn ich einige Zeit warte, setzen sich die Schwebestoffe auf dem Boden ab (Sedimentieren).
Ich kann das Wasser auch in einem selbstgebauten Filter reinigen. Ich nehme mir einen Eimer, eine Plastikflasche oder im Notfall auch ein Hosenbein oder Hemdsärmel.
Dieses „Gefäß“ fülle ich mit folgenden Lagen von unten nach oben:
Stoff, Kohle, Sand, Kies, Moos
Den Auslauf versuche ich so klein wie möglich zu gestalten – zusammenbinden des Hosenbeines, kleines Loch im Eimer etc.
Von oben schütte ich das verschmutzte Wasser rein. Die ersten drei Durchgänge verwerfe ich. Die Filterschichten müssen erst ausgewaschen werden.
Je länger das Wasser in der Kohleschicht steht, desto besser. Die Kohle wirkt antibakteriell und filtert aufgrund ihrer Oberfläche auch feinste Schwebestoffe aus. Ihr solltet fein zerstoßene Holzkohle aus dem Feuer nehmen.
In meinen Kursen sind die Teilnehmer immer wieder verblüfft, wie klar man „Schlammwasser“ mit einem solchen Filter bekommen kann.

WasserEine weitere Methode der Reinigung ist das Destillieren.
Solltet Ihr das Glück haben im Besitz einer Feldflasche oder Trinkflasche aus Metall zu sein, so könnt Ihr mit dem Stück Schlauch aus dem Überlebensgürtel eine Destillationsanlage bauen. Das verschmutzte Wasser gebt Ihr in die Flasche. Den Schlauch steckt Ihr in die Öffnung und dichtet den Schlauch außen bis zum Öffnungsrand mit einem Stück Korken (Ü-Gürtel) oder Pflanzen oder Lehm etc. ab. Den Schlauch lasst Ihr über eine Astgabel laufen. Unter das andere Ende stellt Ihr ein Trinkgefäß.
Die Flasche stellt Ihr in die Glut des Feuers – am Rand, sonst schmilzt der Schlauch.
Das Wasser in der Flasche kocht und verdampft. Der Dampf geht in den Schlauch und kondensiert dort im Schlauch. Das kondensierte Wasser tropft dann in Euer Trinkgefäß. Damit bekommt Ihr Krankheitserreger „ausgefiltert“. Um die Kondensation zu verbessern, könnt Ihr einen nassen Lappen um den Schlauch wickeln (aber erst zum Ende des Schlauches hin, so dass das Wasser möglichst weit hinten kondensiert und nicht wieder zurück in die Flasche laufen kann).
Ihr bekommt aber so nicht alle chemischen Verunreinigungen heraus. Ammoniak z.B. (wenn Ihr Euren Urin destillieren solltet) verdampft ebenfalls so wie das Wasser und der Ammoniakdampf löst sich wieder in dem Kondenswasser im Schlauch. Das Wasser schmeckt dann etwas nach Ammoniak.

 

Bei destilliertem Wasser ist Vorsicht geboten! Das Wasser ist grundsätzlich frei von jeglichem Salz. Das heißt, dass wenn ich größere Mengen von diesem Wasser trinke, Diffusion und Osmose zu einem Problem führen kann.
Dann passiert mit den Zellen in unserem Körper das, was mit den reifen Kirschen am Baum geschieht, wenn es regnet: Sie platzen.
Im Wasser sind, wie schon gesagt, keine Salze. In den Kirschen (im Kirschsaft innen) sind Salze gelöst. Die Außenhaut der Kirschen ist eine „Membran“ die wasserdurchlässig ist. Diffusion ist das Bestreben bei einem Konzentrationsgefälle dieses auszugleichen und zwar immer von der niederen zur höheren Konzentration. Folglich diffundiert das Wasser in die Kirsche, so lange bis dies Platzt, da im Regen kein Salz ist…..
So ergeht es uns mit den Zellen unseres Körpers. In der Zelle sind Salze. Im destillierten Wasser nicht. Das Wasser diffundiert durch die Zellwand in die Zelle, um das Konzentrationsgefälle auszugleichen. Die Zelle platzt, da der Unterschied bei der Salzkonzentration zu groß ist.

Abhilfe könnt Ihr schaffen, indem Ihr einige Körnchen Sand etc. in das destillierte Wasser einrührt. Damit habt Ihr einen gewissen Salzgehalt im Wasser geschaffen.

Dann wird in vielen Survivalbüchern die Wassergewinnung mit der Plane und der Erdmulde erklärt: Über ein Loch in der Erde wird eine Plane gespannt. In die Mitte wird ein Stein gelegt, so dass die Plane mittig einen tiefsten Punkt hat. In das Loch kommen grüne Pflanzen und mittig unter den Stein ein Gefäß. Die Plane wird außen am Rand des Loches mit Erde abgedichtet. Nun muß noch die Sonne scheinen. Die Feuchtigkeit (Wasser) aus den Pflanzen verdunstet, kondensiert an der Plane, läuft daran herunter zum tiefsten Punkt (Stein) und tropft von dort in das darunter stehende Gefäß. Diese Technik funktioniert. Aber beachtet auch hier „die Survival-Gleichung“: Wenn ich erst die Mulde ausheben muß, dann verbrauche ich vermutlich mehr Wasser, als ich dadurch gewinnen kann. Habe ich bereits eine Mulde vorgegeben, z.B. Bombentrichter o.ä. dann ist diese Methode natürlich brauchbar.

Eine weitere Möglichkeit ist der sogenannte Pflanzenbeutel.
Dazu benötigt Ihr eine Folie, besser noch einen Müllbeutel z.B. aus dem Ü-Gürtel.
Diesen füllt Ihr mit grünen – nicht giftigen – Pflanzen. Dann hängt Ihr den Beutel in die Sonne. Die ist dafür ebenfalls notwendig.
Nach ein paar Stunden verdampft die Flüssigkeit aus den Pflanzen und kondensiert dann innen am Beutel. Wichtig ist, dass der Beutel komplett verschlossen ist. Es darf kein Luftaustausch mehr stattfinden.
Das Wasser läuft am Beutel nach unten und sammelt sich. Auch hier darauf achten: Das Wasser ist „destilliert“!

Mit Regen lässt sich auch Wasser gewinnen. Ihr bindet an schräge alleinstehende Bäume unten ein Tuch, T-Shirt etc. Der Regen, der am Baum nach unten läuft sammelt sich dort. Auswringen oder eine „Zipfel“ überstehen lassen und ein Gefäß darunter stellen. Prost!
Eine Regenjacke, Poncho, Zeltplane etc. entsprechend schräg aufgespannt kann natürlich auch zum Auffangen von Regenwasser benutzt werden.

Im Frühjahr habt Ihr die Möglichkeit Birkensaft zu trinken.
Das Anschneiden einer Birke ist tatsächlich so ergiebig, dass man bei mehreren Bäumen locker seinen Flüssigkeitsvorrat decken kann. Aber ACHTUNG: Nicht einfach Bäume anschneiden. Das ist natürlich verboten!!! Bei uns ist es Brauch, dass man ein „Stück“ Wald zugewiesen bekommt und dort sein Brennholz selber schlagen kann – sogenannter Hauberg. Wenn Birken dabei sind, dann kann man das sehr schön ausprobieren. Es klappt hervorragend. Und außerdem ist der Saft noch sehr gesund.

Der morgendliche Tau ist auch nicht zu unterschätzen. Wer schon mal ohne Zelt einfach auf einer Wiese übernachtet hat, wird ihn kennen.
Morgens mit einem Stück Stoff – T-Shirt oder so – durch die Wiese gehen und auswringen. So bekommt Ihr eine ordentliche Menge an Wasser!

Es gibt noch mehr Möglichkeiten an Flüssigkeit zu gelangen.
Auch hier zeigt sich (wie so oft beim Survivaltraining): Es reicht nicht aus, wenn man es gelesen hat! Man muss es ausprobiert, erlebt, gefühlt haben! Nur so kann man es tatsächlich lernen.

Mit Outdoor-Grüssen aus dem Siegerland, Andreas